Liedersommer gegen Faschismus und Krieg

Linker Liedersommer 2013 auf der Burg Waldeck

von Jane Zahn

Wieder 130 Teilnehmer – wie es einer auf der Auswertungsdiskussion formulierte: „Das ist heutzutage schon ein Erfolg!“ – beim Linken Liedersommer im Hunsrück.
Das legendenumwobene, traditionsreiche Gelände neben der Burg Waldeck war erfüllt von Musik, Gesang, Diskussionen, geschäftigem Betrieb. Mit 8 Workshop-Angeboten von „150 Jahre Arbeiterlieder“ bis „Musik des Widerstands“ gab es für jeden ein interessantes Angebot. Auch wenn zwei Referenten ausfielen, wurde das Programm doch – fast – erfüllt. Statt Bernd Köhler erarbeitete Sonja Gottlieb mit zwei Workshops Vor- und Nachmittags die „150 Jahre Arbeiterlied“, und statt der geplanten „Popkulturkritik“ von Jonas Engelmann werkelte eine kleine Gruppe unter Anleitung von Jane Zahn an einem kabarettistischen Sketch, der auch am Abend unter großem Gelächter aufgeführt wurde. Dr. Seltsam war aus Berlin gekommen, um über „Kunst als Waffe“ zu referieren und hatte seinen „Hauskünstler“ Detlef K. mitgebracht. Beide zeigten sich begeistert über die Waldeck-Atmosphäre.

Das Samstagabend-Programm sprengte mit seinen 4 Stunden Dauer jedes Auffassungsvermögen – aber zum Schluss fanden sich alle wieder ein, als „Musikandes“, chilenische Genossen aus Saarbrücken, des 40. Todestags von Victor Jara gedachten, und zum Abschluss die „Bandbreite“ mit Liedern aus ihrem neuen Album die müden Zuhörer zum Mitsingen und Tanzen, und die fast schon „erschlagenen“ Gehirnzellen zum Arbeiten brachten. Da es ja offenbar nicht ohne Eklat abgehen kann, wenn die Bandbreite auftritt, sorgte der Vertreter der Rosa-Luxemburg-Stiftung für einen, als er zu Beginn der Abendveranstaltung erklärte, diese verlassen zu müssen, weil die Bandbreite ein Lied für die Partei „Die neue Mitte“ geschrieben habe, und die sei rechts. Dass der Gründer dieser Partei am 31.05. diesen Jahres von der ebenderselben Rosa-Luxemburg-Stiftung als Referent eingeladen war – er ist ausgewiesener Syrien-Experte – sorgte für zusätzliche Heiterkeit im Publikum, das sich in seiner Begeisterung für die „Bandbreite“ nicht weiter stören ließ. Wie auch die Freidenker schon seit drei Jahren bewiesen haben, dass sie da nicht erpressbar sind. Diese Jungs gehören zu uns, ihre Lieder brauchen wir, braucht die linke Bewegung in Deutschland insgesamt.
Aber vor diesem Abschluss gab es jede Menge Highlights im Programm. Kai Degenhardt sorgte für Gänsehaut mit seiner Moritat und der Ballade vom Fremden von Väterchen Franz, der übrigens auch mit einem Workshop geehrt wurde.
Ernst Schwarz, Straßensänger aus Hessen, riss alle mit seinem Schunkellied vom Kommunismus hin (Empfehlung: Auf youtube eingeben: „Stunksitzung“ und „Kommunismus“!).
Jürgen Eger, ein „ehemaliger Mensch aus der ehemaligen DDR“ war eine absolute Neuentdeckung für uns Westler, und es ist zu hoffen, dass er öfter zu hören sein wird.
Die Teilnehmer des Workshops „150 Jahre Arbeiterlied“ sangen mit Sonja Gottlieb zusammen „Bet und arbeit“, „Miteinander“ und ein Lied der Straßenrockgruppe „nuemmes“: „Da ist der Wurm drin“. So blieb der Auftritt von nuemmes vom letzten Linken Liedersommer nicht ohne Folgen – auch das ein Highlight des Programms.
Berührend dann am Sonntag Vormittag das Programm von Gina und Frauke Pietsch über Mütter und Töchter „Hör nicht auf mich“. Sie haben die Literatur durchforstet und einige wunderschöne, spaßige und traurige Texte und Lieder gefunden, wobei sie nicht puristisch vorgingen: Auch Lieder von Vätern kamen vor!
Und wie immer die große Besonderheit der Waldeck: Das Lagerfeuer mit unterschiedlichsten Gesängen aller Akteure, vom Schlager zum Kampflied und zurück.
Am Freitag Abend gab es zusätzlich einen neueren Film von Gabi Bollinger über die Geschichte der Waldeck zu sehen, zwei Stunden, die im Fluge vergingen. Viel Unbekanntes aus der Geschichte der Bündischen Jugendbewegung kam da zutage, auch Bilder von und Interviews zu den berühmt-berüchtigten Festivals der 60er Jahre auf der Burg Waldeck, wo Franz Josef Degenhardt, Hannes Wader, Dieter Süverkrüp, Hanns Dieter Hüsch und Reinhard Mey auftraten und von dort aus ihren Ruf erlangten.
Schön, wie während des Films die Lagerfeuerlieder herüberklangen und die Gegenwart mit der Vergangenheit verbanden.
Auf der Auswertungsdiskussion am Sonntag Vormittag bedankten sich alle bei den Verantwortlichen für ihre Arbeit bei der Vorbereitung und Durchführung. Besonderer Dank ging an die beiden chilenischen Genossen von „musikandes“, die ja nicht nur einen Workshop leiteten und im Abendprogramm auftraten, sondern auch die gesamte Anlagen-Technik auf- und abgebaut und betreut hatten. Eine unglaubliche Leistung, und immer unaufgeregt, kompetent und freundlich.

Es gab einige Anregungen, die sicherlich aufgenommen werden: So soll auf der Website https://www.linker-liedersommer-waldeck.de auch eine Möglichkeit zur Organisation von Mitfahrgelegenheiten aufgenommen werden, ebenso Hinweise zur Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln incl. Fahrrad (ein Tipp: Auf der Hinfahrt an einem höhergelegenen Bahnhof aussteigen, auf der Rückfahrt auf einem Bahnhof, der talwärts von der Waldeck liegt – für Ortsfremde schwer zu erkunden!)
Alle versprachen, auch selbst Werbung zu machen. Und – was alle besonders freute! – ein Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck (ABW), Nachfolgerin der bündischen Erbauer, berichtete, dass ursprüngliche Bedenken gegen den Linken Liedersommer dem Eindruck gewichen sind, dass diese Veranstaltung ebenfalls legitimer Weise in der Nachfolge der Festivals der 60er Jahre steht, und eine Reihe Mitglieder dafür selbst Werbung machen wollen.

Also: Bis zum nächsten Mal im Juni 2015!

 

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